🔍 Kurze Antwort:
Cyberattacken führen zu DSGVO-Klagen, weil bereits der Kontrollverlust über personenbezogene Daten schadensersatzpflichtig ist. Nach Art. 82 DSGVO können Betroffene 500-1.500€ pro Datensatz fordern. Zusätzlich drohen Bußgelder bis 4% des Jahresumsatzes und Anwaltskosten.Stellen Sie sich vor: Ein Cyberkrimineller verschafft sich Zugang zu Ihrem Unternehmensnetzwerk, verschlüsselt Ihre Daten und fordert Lösegeld. Das allein klingt schon schlimm genug – doch damit kann die Geschichte noch lange nicht zu Ende sein.
Denn was als „reines“ IT-Security-Problem beginnt, kann sich schnell zu einem handfesten Datenschutzproblem mit rechtlichen und finanziellen Konsequenzen ausweiten.
Was passiert rechtlich nach einem Cyberangriff?
Drei Fälle, eine Lektion
Was haben die Berliner Verkehrsbetriebe, der britische Einzelhändler Marks & Spencer und der Personaldienstleister Adecco gemeinsam? Sie alle erlebten, wie aus IT-Security-Problemen massive rechtliche und finanzielle Belastungen wurden.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache:
- 182.295 Datensätze kompromittiert bei der BVG
- 145 Schadensersatzklagen bereits eingereicht
- 72.000 Menschen betroffen beim Adecco-Vorfall
- Millionenschwere Umsatzausfälle bei Marks & Spencer
Fall 1: BVG Berlin – Wenn der Dienstleister zum Problem wird [1]
Die BVG wurde nicht direkt angegriffen, sondern ihr IT-Dienstleister Richard Scholz GmbH. Trotzdem ist die BVG nun mit Schadensersatzforderungen konfrontiert. Die Lehre: Auch Ihre Partner können Sie in DSGVO-Haftung bringen.
Kritische Verzögerung: Es verging ein Monat, bis Kunden informiert wurden – ein klarer Verstoß gegen die 72-Stunden-Meldepflicht der DSGVO.
Fall 2: Marks & Spencer UK – Der Dreifach-Schlag [2]
Erst der Cyberangriff, dann Millionen-Umsatzausfälle durch nicht funktionierenden Onlineshop, schließlich Sammelklagen wegen Datenverlust. Ein klassisches Beispiel dafür, wie sich IT-Probleme zu existenzbedrohenden Geschäftsproblemen entwickeln können.
Fall 3: Adecco Frankreich – Wenn Insider zu Tätern werden [3]
Ein 19-jähriger Praktikant verkaufte seine Zugangsdaten für 15.000 Euro. Die Folge: 2.400 Nebenkläger fordern Schadensersatz, der Schaden beläuft sich auf 1,6 Millionen Euro allein durch unrechtmäßige Abbuchungen.
Der rechtliche Dominoeffekt visualisiert:

So wird aus einem IT-Problem ein Rechtsproblem:
1. Cyberangriff → Personenbezogene Daten kompromittiert
2. DSGVO-Verstoß → Automatische Meldepflicht binnen 72h
3. Schadensersatzanspruch → Art. 82 DSGVO greift sofort
4. Sammelklagen → Spezialisierte Anwaltskanzleien organisieren Betroffene
5. Finanzielle Belastung → Schadensersatz + Bußgeld + Anwaltskosten
Das Tückische: Selbst ohne direkte Schuld am Cyberangriff bleiben Sie DSGVO-rechtlich verantwortlich.
Wie hoch ist der DSGVO-Schadensersatz nach Cyberattacken?
Artikel 82 DSGVO macht es möglich: Betroffene können Schadensersatz fordern – auch bei rein immateriellen Schäden. Das bedeutet: Bereits der Kontrollverlust über eigene Daten ist schadensersatzpflichtig.
Typische Schadensersatzforderungen:
- 500-1.500 Euro pro betroffenem Datensatz
- Mehrere tausend Euro bei sensiblen Daten (Gesundheit, Finanzen)
- Zusätzlich: Anwaltskosten der Kläger
Aktuelle Schadensersatzpraxis in Deutschland:
Standard-Datensätze:
- Name, Adresse, Telefon: 500-800€ pro Person
- E-Mail, Geburtsdatum: 300-600€ pro Person
Sensible Daten (Art. 9 DSGVO):
- Gesundheitsdaten: 2.000-5.000€ pro Person
- Finanzdaten: 1.500-3.000€ pro Person
- Biometrische Daten: 3.000-8.000€ pro Person
Zusätzliche Kosten:
- Anwaltskosten der Kläger (300-800€ pro Fall)
- Gerichtskosten bei Prozessverlust
- DSGVO-Bußgeld (parallel zum Schadensersatz)
Beispielrechnung BVG:
182.295 Datensätze × 800€ = 145,8 Mio€ maximaler Schadensersatz
Was muss ich in den ersten 72 Stunden nach einem Cyberangriff tun?
Bei einer Datenpanne läuft die Uhr – Sie haben nur 72 Stunden für die Meldung an die Aufsichtsbehörde.
Unser 5-Punkte-Notfallplan:
1. Sofortige Schadensbegrenzung (Systeme isolieren)
2. Umfang ermitteln (Welche Daten sind betroffen?)
3. Aufsichtsbehörde informieren (binnen 72h)
4. Betroffene benachrichtigen (unverzüglich)
5. Dokumentation (für mögliche Verfahren)
💡 Tipp: Erstellen Sie Vorlagen für alle Meldungen – in der Krise ist keine Zeit für Textarbeit!
Was gehört in die 72h-Meldung an die Aufsichtsbehörde?
✅ Pflichtangaben nach Art. 33 DSGVO:
- Art der Datenschutzverletzung
- Anzahl betroffener Personen (geschätzt)
- Kategorien betroffener Daten
- Name des Datenschutzbeauftragten
- Wahrscheinliche Folgen der Verletzung
- Getroffene/geplante Abhilfemaßnahmen
✅ Praktische Formulierungshilfe:
„Am [Datum] um [Uhrzeit] wurde festgestellt, dass durch [Ursache] personenbezogene Daten von ca. [Anzahl] Personen unbefugt [abgerufen/verändert/gelöscht] wurden. Es handelt sich um [Datenkategorien]. Sofortige Maßnahmen: [Aufzählung].“
❌ Häufige Fehler vermeiden:
- Zu späte Meldung (nach 72h)
- Unvollständige Angaben
- Verharmlosung der Tragweite
- Fehlende Dokumentation der Meldung
Warum sind KMU besonders von DSGVO-Klagen betroffen?
Während Großunternehmen oft über eigene Rechtsabteilungen und Cyber-Versicherungen verfügen, sind kleine und mittlere Unternehmen besonders verwundbar:
1. Begrenzte Ressourcen für Security
- Keine eigenen IT-Security-Spezialisten
- Abhängigkeit von externen Dienstleistern
- Oft veraltete Sicherheitsmaßnahmen
2. Unterschätzte rechtliche Risiken
- DSGVO-Compliance wird als „Papierkram“ abgetan
- Keine Vorbereitung auf Schadensersatzforderungen
- Fehlende Dokumentation von Sicherheitsmaßnahmen
3. Hohe relative Schadenshöhe
- Bereits 25.000 Euro durchschnittliche Kosten pro Cyber-Vorfall
- DSGVO-Bußgelder bis zu 4% des Jahresumsatzes
- Zusätzlich: Anwaltskosten, Schadensersatz, Reputationsverlust
Besondere Risiken für kleine und mittlere Unternehmen:
1. Proportional höhere Schadenshöhe:
- 25.000€ Cyberattack-Kosten = 5% vom 500.000€ Jahresumsatz
- Bei Großkonzern: 25.000€ = 0,001% vom Umsatz
2. Fehlende Präventionsmaßnahmen:
- 73% der KMU haben keinen Incident Response Plan
- 89% führen keine regelmäßigen Security Awareness Trainings durch
- 56% unterschätzen DSGVO-Risiken bei Cyberattacken
3. Anwaltskanzleien fokussieren auf KMU:
- Einfachere Verfahren als bei Großkonzernen
- Oft keine eigene Rechtsabteilung
- Höhere Vergleichsbereitschaft aus Unwissen
⚠️ Sind Sie auf den nächsten Cyberangriff vorbereitet?
Wie BVG, Marks & Spencer und Adecco zeigen: Cyberattacken werden immer zu DSGVO-Problemen. Bereiten Sie sich vor, bevor es zu spät ist. → Lesen Sie weiter für konkrete Schutzmaßnahmen.Wie die drei eingangs skizzierten Praxisbeispiele zeigen, spielen Datenschutz UND Datensicherheit eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, insbesondere die finanziellen Folgen eines Cyberangriffs auf ein Minimum zu reduzieren.
Aus genau diesem Grund haben wir in die Security Awareness Toolbox nicht nur Informationen zur Datensicherheit aufgenommen, sondern beschäftigen uns auch mit dem Thema Datenschutz. Sie finden in der Security Awareness Toolbox unter anderem Schulungsunterlagen und Newsletter-Vorlagen zu Themen wie:
- Grundlagen der DSGVO
- Personenbezogene Daten nach DSGVO
- Auftragsverarbeitung nach DSGVO
- Datenschutz und (Online-) Marketing
- Datenschutz und Personalwesen
- Datenschutz in Vertrieb und Kundendienst
Darüber hinaus weisen wir auch in allen anderen Unterlagen darauf hin, wenn datenschutzrechtliche Aspekte eine Rolle spielen (z.B. beim Verhalten bei einer Datenpanne, Stichwort: 72-Stunden-Regel).
Denn eines ist klar: Auch wenn es für den Datenschutz klar definierte Verantwortlichkeiten wie den(externen) Datenschutzbeauftragten gibt, ist es am Ende doch wieder der „Faktor Mensch“, der dafür verantwortlich ist, dass Datenschutz UND Datensicherheit im Unternehmen eingehalten werden.
⚖️ Häufige Fragen zu DSGVO-Klagen nach Cyberattacken
Wann kann ich nach einem Cyberangriff auf DSGVO-Schadensersatz verklagt werden?
Wie hoch sind typische DSGVO-Schadensersatzzahlungen nach Cyberangriffen?
Was muss ich in den ersten 72 Stunden nach einem Cyberangriff unbedingt tun?
Bin ich haftbar wenn mein IT-Dienstleister gehackt wird?
Kann ich DSGVO-Schadensersatz über meine Cyber-Versicherung abdecken?
Warum werden gerade KMU häufig nach Cyberangriffen verklagt?
Welche Cyberangriffe führen am häufigsten zu DSGVO-Klagen?
Wie kann ich mich vor DSGVO-Klagen nach Cyberangriffen schützen?
🛡️ Schützen Sie sich vor dem Security-Privacy-Dominoeffekt!
Erfahren Sie im kostenlosen Security Briefing, wie Sie Cyberattacken verhindern UND sich vor DSGVO-Klagen schützen. Ihre Mitarbeiter sind der Schlüssel für beides.
Quellen:
[1] BVG Berlin
[2] Marks & Spencer